Ich bin Hanna. Ich bin in Nussbaumen im Kanton Aargau, als Jüngste von 4 Töchtern auf die Welt gekommen. Eine spannende Kindheit, voll Geborgenheit und Flausen im Kopf. Eine eigene Zeitung hab ich bereits in der zweiten Klasse geschrieben, allerdings nur von meiner Familie gelesen. Zirkusaufführungen im Keller unseres Reihenhauses waren gut besucht von bestochenen Mitschülerinnen und genötigten Geschwistern. Und das Velofahren, Völk spielen, der Fussball Club Wettingen, das in die Wolken schauen und auch mal vom Baum auf den Kopf fallen, waren meine Leidenschaft. Nebenher besuchte ich die Schule. Vor allem weil man da allerhand Jungs traf, über die ich mehrere Listen führte. Kuss-Listen, Liebes-Listen, Arschloch-Listen…. Und mit dem Älter-werden wandelte sich das Velo zum Töffli Ciao, die Listen wurden in der Realität gelebt und das Theaterspielen blieb genauso, wie die dichterischen Ergüsse. Nun hiess das Heft «Träumli» und wurde von den Jugendhaus-Besucherinnen und Besuchern gelesen. Und bevor ich an die Schauspielschule durfte, sollte ich auch einen «vernünftigen» Beruf lernen.
Die Handelsschule half mir später dann doch noch, als ich mich als Theaterleiterin mit Verständnis für Budgets und Erfolgsrechnungen rumschlagen musste. In Bern durchlebte ich die 4 jährige Ausbildung zur eidg.dipl. Schauspielerin am Konservatorium für Musik und Theater, heute Hochschule der Künste, Bern. Alles geben, und vieles aufgeben für diesen wundervollen Beruf. Schauspielerin sein, das wurde mir schnell klar, ist nicht ein Beruf, es ist eine Leidenschaft, ein Weg, der alles bestimmt. So war mir auch klar, dass ich nach der Schauspielschule nach Deutschland ans Theater wollte, weil ich merkte, dass mein Deutsch ins Blut und ins Erleben wachsen musste, damit es auf der Bühne auch Fleisch und Knochen hat. Meine Sprechlehrerin an der Schauspielschule, Ev Ehrle, sagte mir einmal, ich müsse mich verlieben und verlassen werden in der deutschen Sprache, erst dann würde ich aus der Tiefe deutsch sprechen können.
Erste Station nach der Ausbildung war das Nordhessische Landestheater Marburg. Dort durfte ich alles spielen: Irina aus den «3 Schwestern von Tschechow», genauso wie Audrey aus dem Musical «der kleine Horrorladen» oder Polly aus der «Dreigroschenoper». Ich habe so viel gelernt in diesen 2 Anfängerjahren, wo es kaum Freizeit gab und der Tag gefüllt war mit Proben für das neue Stück und der Abend mit den Vorstellungen. Nach 2 Jahren Marburg lockte es mich nach Trier ans Theater. Auch da durfte ich Traumrollen spielen: Recha aus dem «Nathan der Weise», «Pippi Langstrumpf», Carol in David Mamets Erfolgsstück «Oleanna», oder Mirandolina von Goldoni. Nach ein paar Jahren Deutschland ging es zurück nach Zürich. Eine neue Fernsehform, Sit-Com genannt, werde ausprobiert und die Rolle der Vreni passe gut zu mir. Ich sagte ja, und kam für ein paar Monate in die Schweiz. Dachte ich. Aber dann kam alles anders. Dieses «Fascht e Familie» wurde ein Riesen-Erfolg und prägte alles, was nachher kam oder kommt. Eine sehr intensive und spannende Zeit mit unendlich vielen prägenden Erlebnissen. Auch hier konnte ich so viel lernen. Wenn ich die ersten Folgen von «Fascht e Familie» ansehe, dann überkommt mich Gänsehaut, weil ich so schlecht war…. Diese neue Art zu spielen, vor Publikum, aber dennoch für die Kamera, war nicht einfach. Die absolute technische Präzision, die das Spielen abverlangte, erlernte ich erst nach vielen Folgen. Und obwohl mich viele warnten, Sit-Com sei billiger Kommerz, hat meine Neugier und mein Wissensdrang, mich doch gut beraten, dieses Wagnis einzugehen. Ich habe Vreni und dem Erfolg von «Fascht e Famile» viel zu verdanken. So viele liebe Menschen mit denen ich zusammen arbeiten durfte. So viele Begegnungen, Glitzer und Nahrung für das Leben. Manchmal hab ich das Vreni aber auch verflucht. Und lange habe ich nachher bei jedem Casting für eine neue Rolle gehört: Sie ist halt doch das Vreni….
1998 wurde ich Mutter von meiner wunderbaren Tochter Rhea. 2002 kam mein Sohn Lou zur Welt. Eine neue Aera begann. Es gibt etwas in meinem Leben, was noch wichtiger ist, als der Beruf. Die zwei Kinder, die alles andere in den Schatten stellen. Ich spiele bei Lüthi und Blanc. Begegne Martin Schenkel wieder im Filmleben, diesmal als seine Geliebte Jeanine Wälti-Kern. Kurz darauf verstarb der gute Freund, traurig, er hätte uns noch so viel geben können. Und wir hätten ihn gebraucht. Das Leben kann so brutal sein. Erst noch rannten unsere Kinder zusammen durch die Filmstudios in Glattfelden, und plötzlich bist Du tot. Das Leben geht weiter, wir schlagen uns durch. Ich arbeite immer wieder als Coach für Auftrittskompetenz, was mir sehr viel Freude macht. Aber die Bühne ist natürlich nicht zu ersetzen. Es ist nicht einfach, als Allein-Erziehende Mutter mit 2 kleinen Kindern, diesen alles-fordernden Beruf zu erfüllen. Mit Hilfe vom Ex-Mann, vielen tollen Freundinnen und den Grosseltern, gelingt es mir dennoch, immer wieder Theater zu spielen. Viele kleine und grössere Produktionen folgen und dazwischen verdiene ich mit den Coachings immer grad so viel, dass wir uns unsere Miete leisten können. 2012 produziere ich mein erstes selbst-geschriebenes Stück über Marilyn Monroe. «Love, Marilyn» wird mein Herzensprojekt. Und es ist der Grund, warum ich meinem Mann Daniel Rohr über den Weg lief. «Love, Marilyn» hat alle Türen geöffnet, die Kreativen und die Privaten. 2014 übernehme ich die Leitung des Bernhard Theaters. Nochmals ein totaler Wechsel der Perspektiven und unzählige, nie gedachte neue Aufgaben warten auf mich. Und in diesen Jahren darf ich nochmals so viel lernen. Was für ein Geschenk, dieses altehrwürdige Haus zu begleiten, zu prägen, einen Geist einzuhauchen. Ich bin dankbar, dass ich diese Chance bekommen habe und immer noch bekomme.
Heute ist mein Leben sehr vielfältig. Neben der Funktion als Theaterleiterin, liebe ich es immer noch sehr, auf der Bühne zu stehen und diverse Rollen zu spielen, sei es im Theater Rigiblick oder im Bernhard Theater. Eine andere grosse Leidenschaft ist die Regie geworden. Daniel Rohr gab mir die Chance als Regisseurin einen grossen Theaterabend zu übernehmen mit «Tribute to Woodstock», es folgten viele weitere. In der Arbeit der Regisseurin fliessen unzählige Erfahrungen und Begabungen zusammen und es ist sozusagen die Spitze des Eisberges!
Ich kann nur Danke sagen! Dem Leben, den Menschen, die meinen Weg begleiten, an mich glauben, mir im richtigen Moment helfen oder mich ins Nichts springen lassen. Danke!